Wellenwelten

Written by Dorothea Achimfa

Umzug

Es war ein frischer Frühlingsmorgen und der Wind fegte leise über die fein gepflegten Vorgärten des Eichenwegs. In einem dieser Vorgärten saß jemand.
 
Ein Mädchen im Alter von etwa 12 Jahren hockte mitten im frisch gemähten Rasen der Nr.6. Sie trug hüftlanges, blaues Haar und hatte ein lächelndes Sommersprossen-Gesicht mit einer kleinen Stupsnase. Alice hatte die Augen weit geöffnet und starrte gebannt in einen dicken Abenteuerroman. Plötzlich sah sie auf. Jemand hatte sich neben sie gesetzt. 
Ein Mann mit einem durchtrainierten Körper, einem schmalen Gesicht und blonden Stoppelhaaren, der sie angrinste, ihr das Buch abnahm und sagte: 
- Hier bist du. Ich hab dich überall gesucht. Alice, du weißt, dass wir Besuch haben, es ist unhöflich, einfach so zu verschwinden. -
Seine Stimme war so sanft, dass sie einen Oga hätte beruhigen können. Alice war kein Oga. Umsomehr die Stimme ihres Vaters sie erreichte. Sie setzte sich auf, klopfte sich das leichte Gras von Beinen und Po, so dass es wie Schnee an ihr herab rieselte, und folge ihm ins Haus. Dort herrschte reger Betrieb. 
Der Besuch waren ihre Tante Angela, ihr Onkel Bertram und ihr Cousin Lukas. Onkel und Tante waren beide die magersten Leute, die man sich vorstellen konnte mit zwei, fast identischen, roten Haarschöpfen. Lukas hingegen war mit seinen knapp 10 Jahren der dickste Mensch in seinem Alter. Er hatte einen schwarzen Haarschopf. 
Angela bemerkte nicht, dass Alice da war, sie war nämlich, wie Alice überrascht feststellte, in ein Gespräch mit ihrer Stiefmutter Lilly vertieft. Sie trat etwas näher, um ein bisschen mithören zu können. Plötzlich zuckte sie zusammen. Gerade hatte sie ein paar Wörter ihres Gesprächs aufschnappen können:
- Alice wird schon klar kommen in ihrem neuen Zuhause -, hatte Tante Angela gerade gesagt. 
- Wann nehmt ihr sie mit? In zwei Tagen? - Das war Lilly’s Stimme gewesen. 
Bei diesen Worten hatte ihr Magen eine Karussellfahrt gemacht. Sie sollte umziehen! Und dann auch noch zu ihrer durchgeknallten Verwandtschaft! Alice setzte sich. Sie musste das Gehörte erst einmal verdauen. 
Sie wollte nicht in das Haus dieser Verrückten umziehen. Wieso verrückt? Bertram, Angela und Lukas tauchten immer mit einem Buch auf. Sie lasen überall. Wirklich überall. Alice hatte sie schon so manches Mal dabei erwischt. 
Zum Beispiel als sie an Ostern in der Kirche waren hatte Bertram doch tatsächlich seinen Gotteslob durch einen Charls-Lay Roman ausgetauscht und das Buch mit demselben Leder verbunden. 
Angela hatte ein dünnes Taschenbuch mit dem Titel "Die Züchtung der Mondblume leicht gemacht" dabei gehabt. Sie hingegen hatte einfach so getan, als würde sie beten?!
Ein anderes Mal hatte Alice Lukas auf der Toilette des Gasthauses Dalapcrúse gesehen. Er hatte ein dickes Buch mit dem Titel "Alles für die Katz!" dabei gehabt. Lukas hatte sich in eine Klokabine gesetzt, sich das Ding auf den Schoß gelegt und gelesen. Es gab nur einen Haken: Lukas hatte bereits während er reingegangen ist gelesen und so nicht bemerkt, dass er das Damen-Wc betreten hatte. 
Dass man las war ja nicht weiter schlimm. Alice las ja auch gerne. Aber Angela und Bertram hatten immer die selben Bücher dabei. Angela das mit den Mondblumen und Bertram den Charls-Lay Roman. Die beiden schienen diese Bücher so sehr zu mögen, dass sie sie stets dabei hatten. Lukas war ebenfalls seltsam, denn die Titel seiner Bücher wurden von Zeit zu Zeit immer merkwürdiger. Von "Welt Wunder?" bis zu "Beherrsche deine Krawatte, von A-Z" oder so. Deshalb eben. 
Deshalb nannte Alice ihre Tante, ihren Onkel und ihren Cousin verrückt. Und zu diesen Leuten wollte sie nicht. Nein! Sie mochte ihr Leben im Eichenweg Nr. 6 sehr. Sie wollte nicht woanders hin. Alice gehörte doch hier her. Hier war sie aufgewachsen, hier lebten ihr Vater Luis, ihre kleine Schwester Ronny, ihr großer Bruder Paulo und ihre Oma Jouni. Außerdem noch all ihre Schulfreunde. Die brauchten sie doch auch. Und, obwohl sie es selber nicht glauben wollte, sie wollte auch nicht von Lilly weg. Auch wenn sie ihre Mama doch manchmal vermisste, Lilly war ihr in diesen 4 Jahren, in denen sie schon hier lebte, ans Herz gewachsen. Was würde aus ihrer Familie werden, wenn sie gehen müsste? 
 
Was wenn... doch bevor sie weitere Gedanken fassen konnte, schnappte ihr Vater sich ein leeres Glas und tippte leicht mit einem Messer dagegen. Nach und nach richteten sich alle Köpfe auf ihn und er begann zu sprechen: 
- Liebe Familie, ich möchte eine Entscheidung bekannt geben, die uns sehr schwer gefallen ist… - Er machte eine Pause und schweifte mit seinem Blick über die Runde. An Alice Augen blieb er hängen. Es schien s,o als wolle er sie nie mehr los lassen. Dennoch müsste er es, das spürte sie. Er räusperte sich und setzte fort: - Nun... ich, Lilly und Angela, haben uns entschieden, dass es das beste für Alice wäre, wenn sie... na ja... zu Angela und Bertram zieht. - Er beendete die Ansprache mit einem Anschlag an Tränen. Er versuchte, sie zu verbergen, aber Alice konnte er nicht täuschen. Sie kannte Luis einfach zu gut. 
- Was?! - Bertram war aufgesprungen. Sein Gesicht war rot angeschwollen und sein Gesichtsausdruck zeigte Wut darüber, dass er nicht eingeweiht gewesen war, und Fragen, was das nun bedeutete?
- Du kannst doch nicht einfach das Mädchen aufnehmen! - sagte er trocken.
- A- Angela, das d-das geht doch nicht. - Er schien verzweifelt aber auch voller Verwunderung.
- Wieso nicht? - Angela war aufgestanden und hatte sich zu Bertram gesellt. Sieben Augenpaare waren nun auf sie gerichtet.
- Bertram… - das war Angela, - du weißt, dass Alice eine von uns ist, und wir haben uns gedacht, dass es das beste wäre, wenn sie unter ihres Gleichen aufwächst... also weiter wächst. -
Bertram sah auf. Es schien ihm unwohl zu sein, dass die anderen zuhören, denn als er, an Angela gewandt, weitersprach, flüsterte er nur noch. 
- Ich weiß, ich weiß. Aber hätten wir das nicht davor besprechen können? - wisperte er mit leiser, gereizter Stimme. 
- Du hast ja Recht. - flüsterte Angela genauso leise zurück. - Aber nun ist es geschehen, und es wäre das beste, wenn wir es dabei belassen und das Kind aufnehmen. - fügte sie schlüssig, aber trotzdem immer noch flüsternd hinzu. 
- Aber... Angela..., - sagte Bertram und dabei rief er fast… - wir haben doch nicht Mal genügend Zimmer, geschweige denn die Zeit für noch ein Kind. - Jetzt klang er wirklich gereizt. 
- Ach was... - Angela sah das anscheinend ganz lässig... - Wir haben doch noch das Gästezimmer im 1. Stock, das können wir zum zweiten Kinderzimmer umfunktionieren. Außerdem ist Alice groß genug, um sich selbst um das Gröbste zu kümmern. -
Sie klang stolz, als sie diesen Satz aussprach. Und so blieb es dann auch. Alice musste noch heute ihre besten und wertgeschätzten Sachen in einen Koffer packen.
- Der Rest kommt später nach, - hatte ihr Lilly erklärt.
 
2 Tage blieb sie noch, deshalb wusste Alice nicht, warum sie so gehetzt wurde. In der meisten Zeit lag sie im Garten in der Hängematte und dachte nach. Sie malte sich Bilder aus, wie es wohl bei Angela, Bertram und Lukas Zuhause aussah? Sie war ja noch nie dort gewesen. Die drei waren kürzlich umgezogen, aber wenn ihr neues Haus auch nur halb so klein war und nur halb so schlimm roch, dann würde sie es nicht überleben, so viel stand fest. 
- Ach, so schlimm wird es schon nicht werden. - hatte sie sich dauernd eingeredet. Aber sie glaubte es nicht. Sie wollte es nicht glauben! Alice konnte es einfach noch nicht fassen, dass Luis sie weg schickte. Weg, für immer! Sie wollte es nicht, sie MUSSTE sich wehren. Nur wie? 
 
Alice rutschte aus der Hängematte. Sie schnappte sich ihren Beutel, den sie immer bei sich trug, falls sie irgendwann etwas einpacken musste, und lief ins Haus. Wo steckte ihr Vater bloß? Hatte er sich versteckt? Hatte er schon geahnt, dass sie etwas unternehmen wollte? Aber nein, wie denn auch? Wenn er schon so dumm gewesen war sie weg zu schicken, dann würde sein Erbsenhirn nicht mal mehr wissen, dass sie noch hier war! Jetzt wurde Alice sauer. Richtig sauer! Aber... Moment Mal. Luis hatte sonst immer die richtigen Entscheidungen getroffen, kein Zweifel. Es passte einfach nicht, dass er sie ohne Grund einfach los werden wollte. Allmählich beruhigte sie sich wieder. Alice lief, in Gedanken versunken, zurück in den Garten. Sie nahm ihren Beutel ab, legte ihn ins Gras und ließ sich in den weichen Stoff der Hängematte plumpsen. 
- Es muss einen Grund geben! - murmelte sie, während sie leicht hin und her schaukelte.
- Es geht gar nicht anders! -
 
Während sie so vor sich hin murmelte, tauchte eine Gestalt auf. Sie lief gebückt, im Schatten der Sträucher, so als wolle sie nicht gesehen werden. Alice bemerkte die Gestalt nicht, die schon ziemlich nah an die Hängematte herangehuscht war. Plötzlich knackte ein Zweig. Alice setzte sich ruckartig auf. 
- Was war das?' - Die Augen weit aufgerissen rutschte sie von der Hängematte. 
- Dad? Bist du das? - fragte sie zögerlich in die Richtung des Dornbusches, aus dem das Knacken gekommen war. Keine Antwort. 
- Hallo? - versuchte sie es noch einmal. - Ist da jemand? -
Ein leises Fluchen ertönte. Hey, diese Stimme kannte Sie doch. 
- Lukas? - Sie lief, immer noch zögernd, auf den Dornenbusch zu. 
- Du brauchst dich nicht zu verstecken, komm raus. Ich weiß, dass du das bist. -
Alice stand nun direkt vor dem Gebüsch. Und tatsächlich. Hinter den Dornen tauchte Lukas rundes Gesicht auf.
- Was machst du da? - fragte Alice verblüfft.
- Ich... äh, ich - er machte eine sooo lange Pause, dass Alice drängte: - Jetzt spucks schon aus! -
Sie klang streng und bereute es im nächsten Augenblick wieder. Denn Lukas fing an zu weinen. Sie legte ihm schnell die Hand auf die Schulter und sagte einfühlend: 
- Hey, das war doch gar nicht so gemeint. - Sie legte ihre Arme um seinen Hals und drückte ihn.
- Ich wollte dir von unserem Haus erzählen. - schluchzte er. 
- Oh. Aber da brauchst du dich doch nicht so anzuschleichen. - Sie hatte ihn los gelassen und stand nun einfach vor ihm. 
- Naja... - Lukas kratzte sich am Kopf. - Ich hab mich nicht getraut zu dir zu kommen. - fügte er hinzu und Alice bemerkte, dass er rot wurde. Schnell drehte sie den Kopf zur Seite.
- Jetzt bist du ja da. - sagte sie langsam. -Komm, setz dich mit mir in die Hängematte. -
Ohne dass sie auf Lukas Antwort wartete, zog sie ihn leicht mit sich und schubste ihn sanft in den weichen Stoff der Hängematte.
- Komm, erzähl mir was! - drängte sie, aber sie versuchte, ruhig zu klingen, so dass er ihre Neugierde nicht bemerkte. 
- Also... - Lukas holte tief Luft wie für eine lange Ansprache. -Magst du das Meer? - fragte er.
- Ja! - antwortete Alice. - Was hat das mit deinem Zuhause zu tun? -
- Nichts, nichts. - sagte er in Gedanken versunken. 
- Komisch. - dachte Alice. - ...Der hat irgendwas zu verbergen... - Während sie angestrengt grübelte, redete Lukas schon wieder. 
- Nun, unser Haus ist groß. Ich weiß deshalb nicht, warum Dad meinte, wir hätten nicht genügend Platz. - Er schwieg. - Alice? Hörst du mir überhaupt zu? -
-Ja, ja. - nuschelte Alice. - Ganz groß, ja. - Sie rutschte näher an Lukas heran und schob ihre Gedanken mal in die Warteschleife. -Erzähl weiter! -
- Ok! - Er schien erfreut zu sein, dass sie sich doch interessierte.
- Also, wir haben einen großen Garten mit einem Pool darin! Außerdem einen Wintergarten, der an das Haus angeschlossen ist. Wir haben ein wunderschönes Wohnzimmer mit Esstisch und offener Küche. Außerdem eine Bar, 2 Kinderzimmer, ein Gästezimmer, das dein Zimmer wird, 3 Bäder und eine Überraschung. - Er holte tief Luft.
- Na? - fragte er erwartungsvoll. - Wie war ich? -
- Wow! - Alice ging das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht.
...Dann wird mein Leben bei ihnen anscheinend doch nicht so schlimm!...dachte sie und das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde noch breiter. Doch plötzlich fiel ihr ein, was er zum Schluss gesagt hatte.
- Was für eine Überraschung? -
- Du wirst schon sehen. - kicherte er. -Wenn ich es dir verrate, ist es doch keine Überraschung mehr, oder? - Er sah sie an. 
- Du hast Recht. - antwortete sie mit einem tiefen Seufzer. Und auf einmal fiel ihr noch was auf. - Wieso 2 Kinderzimmer? -
- Ah so... -  Lukas kratzte sich am Kopf. - Habe ich 2 gesagt? Ich meine, ja, 2 Kinderzimmer, aber das Gästezimmer, das ich erwähnt habe, war überflüssig. - fügte er hastig hinzu. 
...Hm... Alice dachte nach. ...der mogelt mir was vor! Jede Wette!...
 
- Alice? - Eine ihr sehr bekannte Stimme klang aus dem Haus.
- Lilly? - Alice rutschte hastig aus der Hängematte, ignorierte Lukas einfach und rannte in Richtung Terrassentür. 
- Was gibt's? - fragte sie, nach Luft schnappend, als sie, ziemlich außer Atem, Lilly erreichte. 
Lilly sah mit ihren brustlangen, blonden Haaren, einem Shirt auf dem "Ich bin eine Frau, ich darf alles!" stand, den lila Shorts und den pinken Flip Flops aus wie eine Hawaii-Urlauberin. 
- Hast du Lukas gesehen? - fragte sie, als sie mit einem Glas Wasser auf sie zu kam.
- Hier. - fügte sie hinzu und hielt Alice das Wasserglas hin.
- Danke! - sagte Alice und schlang schnell den Inhalt des Glases runter. Als sie fertig war wischte sie sich mit der Hand den Mund ab und stellte das Glas auf den Terrassentisch.
- Lukas? Der sitzt da drüben auf der Hängematte. - antwortete sie als sie sich auf einem der Terrassensessel niedergelassen hatte.
- Gut, danke. - sagte Lilly und war gerade dabei zur Hängematte zu laufen, als Alice sie am Arm packte und nicht mehr los ließ.
- Was soll das?! - schimpfte Lilly. - Ich muss zu Lukas! -
- Aber wieso?! - fragte Alice, und sie klang nicht so, als wollte sie Lilly gehen lassen.
- Das geht dich nichts an! - gaffte Lilly zurück. -Und jetzt lass mich gehen! -
Alice ließ den Arm los. Jedoch tat sie das nicht, weil Lilly es ihr gesagt hatte, sondern weil Lukas auf sie zu kam.
- Was ist denn hier los? - fragte er stirnrunzelnd, und dabei sah er vor allem Lilly an.
- Habt ihr euch gestritten? - Er schien verwundert. 
- Lukas... - fing Lily an, und was Alice am meisten störte war, dass Lilly sie nach hinten schubste!
-Alice? Bist du draußen? -
O Gott, hörte das denn niemals auf? Nun rief Angela sie auch noch!
-Angela? -
- Ja, ich bin auf der Terrasse. - rief sie zurück.
- Wir müssen! - kam es aus dem Wohnzimmer und kurz darauf tauchte Angelas blasses Gesicht in der Terrassentür auf. 
Ach ja richtig, heute war Samstag, der Tag, an dem sie umziehen sollte. Sie lief schnell ins Haus zu ihrem Vater und sagte total außer Atem: - Es ist so weit. Kommst du zur Verabschiedung? -
Er starrte sie einfach nur an. Irgendwann blickte er ihr in die Augen. Alice sah, dass er weinte, sie konnte dieses Bild vor sich einfach nicht ertragen, deshalb umarmte sie ihn. 
Dieses weiche, wohlige Gefühl, jemanden zu haben, der einen lieb hat, hatte sie lange nicht mehr gehabt. Sie spürte seine nassen, salzigen Tränen, die ihr auf die Haare tropften und ihr runter in die Augen liefen. Sie musste sie schließen, so sehr brannten die Tränen ihres Vaters. Doch sie genoss es trotzdem. Dieses Gefühl, dass sie zuvor noch nie gespürt hatte. 
Sie fühlte sich geborgen, sie liebte es. 
- Luis! - Ein schriller Schrei zerstörte die Stille. 
- Bertram? - Luis löste sich von Alice und rannte in Richtung Küche. 
- Was gibt es denn, dass du so schreien musst?" - fragte er als er ganz außer Atem bei Bertram ankam. 
- Mann, ei!.... - Bertram legte seine Hände auf Luis Schultern. - Ich warte seit einer halben Stunde im Auto, auf euch! - brüllte er….- Was habt ihr gemacht?! - Und sein Gesicht war rot wie eine überreife Tomate.
- Hey Bertram! - versuchte Luis seinen Bruder zu beruhigen. Dabei streckte er seine Arme so von sich weg, als wolle er nicht, dass Bertram ihm zu nahe trat. - Ist doch gut, wir kommen doch jetzt! - fügte er hinzu und wahr erleichtert, als er sah, dass sein Bruder sich beruhigte. Luis rief Alice und danach alle anderen zur Verabschiedung. 
 
Jeder wollte Alice drücken, und sie bekam mindestens ein Dutzend Schmatzer auf die Wange gedrückt.
- Machs gut, Nervensäge! - sagte Paulo und drückte sie mit einem Grinsen an sich. Danach drängelte sich Ronny nach vorne, umarmte ihre Beine und flüsterte: -Ich wünsch dir viel Spaß! - und drückte sie noch fester. 
Alice beugte sich nach unten und umarmte ihre kleine Schwester. 
- Es wird alles einen Weg finden. - flüsterte sie ihr ins Ohr. - Wir sehen uns auf jeden Fall wieder! -
- Versprochen? - fragte Ronny und ihr liefen Tränen übers Gesicht. Schnell wischte sie die mit ihrem Ermel weg. 
-Versprochen! - bestätigte Alice und stand auf. Ihre kleine, 5 Jährige Schwester löste sich von ihr und trat zurück. Alice verabschiedete sich noch von der Gruppe und stieg ins Auto. 
Oma Jouni hatte ihr zum Abschied noch ein Familienfoto von der ganzen Familie gegeben, das wollte sie dann in ihrem neuen Zimmer an die Wand hängen.
 
Sie winkte dem Eichenweg noch lange nach, bis sie auf die Autobahn kamen. Als sie in die Autobahn einbogen, tippte Lukas, der neben ihr auf der Rückbank saß, sie an und fragte zögerlich: -Em, Alice, wem oder was winkst du eigentlich? Wir sind schon Kilometer vom Eichenweg entfernt! -
- Ich weiß! - schnaubte Alice und ließ die Hand sinken.
Irgendwann, die Fahrt kam ihr ewig vor, schlief sie ein. Sie träumte von einem kleinen Häuschen, ohne Garten und mit nur einem Bad. Und darin keine Dusche! Sie musste außerdem in einem Schrank unter der Treppe schlafen, wie Harry Potter! Und gerade an der Stelle, wo das Haus einzubrechen drohte, rüttelte sie jemand wach. 
- Alice, aufwachen! -
Es war Lukas und sie begriff langsam, dass alles nur ein Traum gewesen war. Sie sah sich um. Tante und Onkel waren gerade am Einparken und Lukas saß neben ihr auf der Rückbank und sah fast aufgeregter aus als sie. Alice drehte sich um. Sie fuhren direkt auf eine blitzblank polierte, kristallfarbene Garage zu…

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