Adler

Escrito por Joanna

Es war Vollmond, als ich das Baumwesen zum ersten mal sah. In den alten Sagen ist der Vollmond wichtig für Magie und jeder weiß, dass Werwölfe sich auch bei Vollmond verwandeln. Warum sollte es also nicht Vollmond sein, als ich mich zum ersten Mal in einen lebensgefährlichen Kampf gegen ein Monster stürzte?

Vielleicht, weil es Monster gar nicht gibt? (Außer die, die sich unter das Bett verkrochen haben natürlich.)

Oder geben soll?

Denn es gibt sie trotzdem. Wer weiß das besser als ich?

Wie ich gesagt habe, war es Vollmond. Wie ich nicht gesagt habe, konnte ich nicht schlafen.

Mit einem Seufzer stand ich auf und ging zum Fenster. Draußen badete der Mond alles in seinen silbrigen Schein. Die Garage, meinen Garten und den Wald dahinter. Alles erschien so friedlich, so schön.

Ich schob das Fenster auf und atmete die frische Nachtluft ein. Ich liebte die Nacht schon immer, die ganze Welt war meine, zu entdecken, zu erkunden, während alle Menschen schliefen.

Plötzlich ergriff mich ein panisches Gefühl. Ich spürte, dass etwas falsch war. Ich hatte das Gefühl, dass etwas da draußen war. Es schlich auf meine Tür zu, mit Krallen wie Dolche und mit glühenden Augen. Es jagte etwas… Es jagte mich.

Ich versuchte, mein donnerndes Herz zu beruhigen, als es passierte.

Etwas im Wald brüllte blutrünstig, etwas uraltes, etwas, das in diese Welt nicht gehörte. Alle meine Instinkte schrien „Lauf weg! Weg, weg, WEG!“ Aber ich fror. Selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich nicht weglaufen können.

Dann erschien das Baumwesen. Es war so hoch wie mein Haus und schien aus verrottetem, moosbedecktem Holz zu sein. Die pechschwarzen Augen des Monsters glitten über das rostige Trampolin, die Fahrräder, die gegen den Zaun lehnten, den Rasenmäher, der wie verloren in der Mitte des ungezähmten Rasens stand… und sie blieben auf mir stehen.  

Wie aus dem Nichts liefen vier bis an die Zähne bewaffnete  Jugendliche um die Ecke meines Haus herum.

Der einzige Junge schoss einen Pfeil in das Bein des Monsters, während die anderen drei sich von hinten anschlichen.

Die gute Nachricht: Der Pfeil lenkte das Ungeheuer von mir ab.

Die schlechte Nachricht: Nun hatte der Junge die ganze Aufmerksamkeit des Monsters.

Das Monster drehte sich blitzschnell um und schleuderte den Jungen gegen einen Baum.

Er landete mit einem hässlichen Knacks am Boden.

Blut quoll aus seinem Hals.

Er hustete schwach.

Er regte sich nicht mehr.

Ich stolperte rückwärts und versuchte, das Bild aus meinem Kopf zu bekommen, aber ich konnte es nicht. Wieder und wieder sah ich, wie das Blut sein Hemd rot färbte, wie er da lag, wie das Licht hinter seinen Augen erlosch, wie er zum Himmel starrte, ohne es zu sehen.

Tot.

Er ist wegen mir gestorben.

Ich ging zum Fenster.

„Du bist wahnsinnig!“, schrie eine Stimme in meinem Kopf.

Ich kletterte in den Fensterrahmen.

„Du wirst sterben, so wie er!“, schrie die Stimme.

Ich ignorierte es.

Ich sprang.

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