Wie ich den Himmel zum ersten Mal sah

Escrito por Amba

Ich wachte auf, als mein Wecker klingelte. Genervt haute ich meine geballte Faust auf das Ding und stand resigniert auf. Ich zog mich an und putzte mir die Zähne, schnappte mir im Vorbeigehen meine Lunchbox und ging hinaus auf die von lauten Autos und Menschen wimmelnden Straßen Kalkuttas. Ich kam an meinem Lieblings-Sarigeschäft vorbei und schaute sehnsüchtig auf die bunten Stoffe. Über der Tür konnte man das "Geschlossen" - Schild lesen. Am Straßenrand standen Männer und Frauen und priesen ihre Ware an: "Die besten Mangos weit und breit!", riefen sie. Manchmal auch eines der neuesten Restaurants mit dem Motto "Ahhhh... oohhh... das ist ja mal wieder was Neues, komm lass uns das mal ausprobieren." Und wenn man dann glücklich vollgefuttert aus einem dieser Lokale kommt, denkt man sich: "Ach, dieser Japaner sieht doch auch nicht schlecht aus, und ein paar Teller mit Sushi können doch nicht schaden."

Plötzlich hörte ich Schreie und Fauchen, das aus einer Gasse drang. Ich guckte vorsichtig um die Ecke in eine leicht schäbige Gasse mit kleinen Läden. Die Obst- und Gemüsekörbe waren umgestürzt, die Stoffe und Schuhe lagen im Staub. Die Menschen, die sich eben noch in der Gasse aufhielten, waren dem Anschein nach geflohen oder versteckten sich in den Häusern. Eigentlich wollte ich nicht so genau wissen, was hier passiert war, aber ich war schon immer ein todneugieriger Mensch. Also machte ich mich auf den Weg in die Gasse. Ich suchte jeden Winkel ab, fand aber nichts. Ich lief immer weiter dem Weg der Zerstörung nach. Immer schneller und schneller, bis ich irgendwann nicht mehr konnte und stehen blieb. Ich schnappte nach Luft. Plötzlich fiel mir auf, dass es so still geworden war, dass ich das Tropfen einer Regenrinne hören konnte.

Aber ich hörte noch etwas, leise weiche Aufsätze von Pfoten. Ich drehte mich langsam um, und da stand ein Tiger vor mir mit goldenem Fell. Wie konnte das sein? Klar waren wir hier in Indien, aber in Kalkutta, und die einzige Möglichkeit, hier einen Tiger zu sehen, war der Zoo. Na ja, bis jetzt. Er wirkte so zahm, stark und verletzlich zugleich. Ich streckte meine Hand aus, um ihn zu streicheln. Ich hatte keine Ahnung, was mit mir los war. Ich war wie benebelt. Alles schien wie in Zeitlupe, als der Tiger sprang und alles um mich herum schwarz wurde. Als ich die Augen das letzte Mal öffnete, wusste ich nicht, ob ich träumte oder wach war. Ich lag auf dem Rücken des Tigers, der gen Himmel flog.

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