Eine Email aus dem Eis
Neulich kam eine Email von Alicia. Sie hatte gerade "Drachenreiter" gelesen. Soweit mag das noch nichts Besonderes sein. Aber Alicia hatte das Buch nicht irgendwo gelesen. Sondern in einem 20 Fuß Container, auf 70 Grad, 40,8 Minuten südlicher Breite und 08 Grad, 16,2 Minuten westlicher Länge.
Eine Adresse am Ende der Welt.
Sie gehört zu einem ganz besonderen Gebäude auf dem Ekström-Schelfeis in der Atka-Bucht im nordöstlichen Weddell-Meer. Dort steht die südlichste Bibliothek Deutschlands, die südlichste der ganzen Welt sogar, 100 Meter entfernt von der Neumayer-Station III, einer deutschen Forschungseinrichtung in der Antarktis, betrieben vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.
Die Neumayer Station besteht aus insgesamt 100 Containern mit Wohnräumen, Küche, Messe und Hospital sowie verschiedenen Laboren, Funkraum, Sanitärräumen, einer Energiezentrale und einer Schneeschmelze. Wie Astronauten auf einer Weltraumstation leben und arbeiten dort im antarktischen Winter neun Menschen: ein Luftchemiker, ein Meteorologe, ein Elektroingenieur, eine Betriebsingenieurin, ein Informatiker und Funker, zwei Geophysikerinnen, eine Ärztin und ein Koch. Erforscht werden unter anderem das Klima, das Erdmagnetfeld und die Geräusche des Meeres.
Alicia ist eine der beiden Geophysikerinnen. Im März 2022 ist sie mit ihren Kollegen für über ein Jahr ans Ende der Welt gezogen. Fast 14000 Kilometer hatte Alicias Email zurückgelegt, bis sie in Cornelias Postfach landete:
Hallo Cornelia, nachdem ich dein Buch "Drachenreiter" in der Bibliothek im Eis an der Neumayer-Station in der Antarktis entdeckt habe, wollte ich mich bei dir melden. Ich überwintere gerade auf der Neumayer Station und es war eine große Freude, dein Buch zwischen den anderen Romanen, Gedichtbänden, und Biographien zu entdecken, da es mich an die vielen Lesestunden in meiner Kindheit erinnert hat. Vor allem bei ein wenig Sturm ist es in dem Bibliotheks-Container besonders gemütlich. Leider musst du Professor Barnabas ausrichten, dass wir den silbernen Pinguin noch nicht entdeckt haben ... Aber im Frühjahr (oder dem antarktischen Herbst) waren die Pinguine hier in der Mauser und hatten fabelhafte Frisuren. Pfeifende Robben gibt es hier aber tatsächlich, und unsere Messinstrumente 'belauschen' ihre Unterhaltungen unter Wasser. Viele Grüße aus dem Süden und Danke für die magischen Stunden, Alicia
Es war in den vergangenen Jahrzehnten schon von überall her Fanpost gekommen: aus Australien, Japan, den USA, aus Großbritannien, Indonesien, Russland, Finnland, und, und, und ... Aber noch nie hatte jemand aus der Antarktis geschrieben. Wie fühlt sich das an, so lange dort zu leben? Wie sieht es dort aus, auf der Forschungsstation und in der Bibliothek? Hat man dauernd kalte Füße? Ist alles weiß in der Antarktis? Aber im Winter dauernd dunkel? Würde Alicia ein bisschen was davon erzählen? Das wäre bestimmt so spannend, als würde Lung direkt vom Saum des Himmels berichten.
Lass uns doch mal telefonieren. Wir haben alle ein Telefon auf dem Zimmer. Dann können wir uns für ein Interview verabreden.
Ein Interview mit einer Forscherin in der Antarktis. Was für ein Abenteuer.
HIER nehmen wir euch mit zu Alicia, in die Neumayer Station III.
Zu dieser Geschichte gibt es 1 Kommentar
Einen Kommentar hinterlassenHallihallo! Das hört sich toll an! Leider scheint kein Link zu dem Interview hinterlegt zu sein; wenn ich auf "HIER" klicke, passiert nichts... Liebe Grüße, Mel
Oh, liebe Mel, dankeschön für den Hinweis. Da hatte sich ein Fehlerteufel eingeschlichen, aber jetzt sollte der Link wieder funktionieren