Chris Naylor-Ballesteros Englischer Illustrator mit Wohnsitz in Frankreich

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Warum bist du Illustrator geworden?

Ich habe schon immer gerne gezeichnet und konnte das auch schon immer ganz gut.

Später arbeitete ich als Grafik Designer und gestaltete unter anderem Layouts für verschiedene Zeitungen, was mir großen Spaß machte. Als meine Kinder noch klein waren, fiel mir auf, dass ich viele der Bilderbücher, die ich ihnen vorlas, sehr liebte und dass das Bilderbuch das perfekte Medium ist, um Geschichten, Illustration und Komposition von Bild und Text zu verbinden. Ich habe diese Bücher sozusagen studiert, während ich sie vorlas, und ich lernte, was funktionierte und was nicht. Mein erstes Buch habe ich für meine Kinder geschrieben und es sah ganz gut aus, also beschloss ich, mich ernsthafter mit dem Thema Bilderbuch zu beschäftigen.

Wie sieht so ein Arbeitstag bei dir aus?

Das hängt davon ab, was für Arbeiten zu Hause anstehen, wie beschäftigt ich bin oder wie nah ein Abgabetermin liegt. Ich arbeite sehr gerne in den Morgen- und Abendstunden, wenn ich viel zu tun habe. Die Nachmittage sind immer eher zäh.

Gibt es Illustratoren, die dich beeinflusst haben/beeinflussen?

Für gewöhnlich beeinflussen mich immer diejenigen, die meine aktuellen Lieblingsbücher illustriert haben. Und dann muss ich aufpassen, diesem Einfluss nicht zu sehr zu erliegen.

Illustration aus "I Love You, Stick Insects", erschienen 2018 im Verlag Bloomsbury Children's Books

Illustration aus "I Love You, Stick Insects", erschienen 2018 im Verlag Bloomsbury Children's Books

Was war deine allererste Illustration?

Ich bin nicht sicher, welche die allererste war, aber es gibt da eine vage Erinnerung an etwas, das ich mit zehn Jahren gezeichnet habe — Anfang der 80er Jahre, als es die CB Funk Welle in Großbritannien gab und ein CB Radio Shop in der Straße eröffnete, die auf meinem Schulweg lag. Ich zeichnete eine groovige Kartoffelfigur, die in ein Funkgerät sprach, das ich CB Spud genannt habe. Ich habe keine Ahnung warum. Mein Schulfreund war überzeugt, dass ich es von der Werbung im Schaufenster des Ladens abgezeichnet habe, was mich ziemlich verärgert hat. Es war mein CB Spud. Meine ersten professionellen Illustrationen entstanden für eine englischsprachige Zeitung in Frankreich, für die ich damals arbeitete. Gelegentlich hatten wir ein paar Lücken auf den Seiten zu füllen und zur Begleitung einer Geschichte suchte man ein satirisches oder humorvolles Bild. Ich hatte nicht mehr als eine Stunde, um mir etwas einfallen zu lassen und ich genoss diesen schnellen Arbeitsablauf.

Was inspiriert dich? Woher kommen die Ideen?

In der Regel brauche ich viel Zeit zum Nachdenken. Manchmal habe ich eine spontane Idee und dann versuche ich, daraus eine Geschichte zu entwickeln — meist gelingt das nicht, hin und wieder ist es erfolgreich. Ich bin einmal (und zwar wirklich nur einmal) morgens aufgewacht und hatte einen Satz mit vier Wörtern in meinem Kopf, und fünf Minuten später war daraus eine fast vollständige Geschichte geworden. Ich weiß zwar nicht, ob sie gut ist, aber ich wünschte, es wäre immer so einfach. Für "The Suitcase" brauchte es weniger als eine Woche, bis sich alles zusammenfügte, nachdem ich anfangs erst mal eine Richtung finden musste. An anderen Büchern habe ich mehr als ein Jahr gearbeitet.

Illustration aus "I'm Going To Eat This Ant", erschienen 2017 im Verlag Bloomsbury Children's Books

Illustration aus "I'm Going To Eat This Ant", erschienen 2017 im Verlag Bloomsbury Children's Books

Hast du einen Lieblingsillustrator?

Ich bin mit den Bildern von Quentin Blake aufgewachsen, der es zum Verzweifeln einfach aussehen lässt. Ich habe heute viele Favoriten, aber die ändern sich von Woche zu Woche.

Hörst du beim Illustrieren Musik oder Hörbücher oder soll es lieber still sein?

Musik ja, aber keine Hörbücher. Zu viel Unterhaltung (selbst Musikradio) ist eher ablenkend, wenn ich an einem Text arbeite. Aber die richtige Musik zur richtigen Zeit kann beeinflussen, was du beim Betrachten eines Bildes oder beim Lesen einer Geschichte empfindest und lässt dich wirklich begreifen, was du versuchst auszudrücken

Hast du einen Lieblingsplatz zum Illustrieren?

Wenn ich nachdenken muss, gehe ich gerne spazieren, und alles andere passiert in meinem kleinen Atelier/Büro bei mir zu Hause.

Gibt es eine Wunschgeschichte, die du gerne mal illustrieren würdest?

Das ist eine schwierige Frage. Vielleicht eines meiner derzeitigen Manuskripte, von denen ich hoffe, dass sie auf Zuspruch stoßen — das wäre toll! Ich lese gerade eine Jack London Kurzgeschichte mit dem Titel 'To Build A Fire'. Da geht es um einen Mann und einen Hund auf einem tollkühnen Treck in der Wildnis. Spoiler Alarm: Der Mann erfriert und der Hund verlässt ihn, also nicht wirklich eine Gute-Nacht-Geschichte für Kinder, aber die Möglichkeit für ein paar schöne Illustrationen mit kargen Schneelandschaften.

Illustration aus "The Suitcase", erschienen 2019 im Verlag Nosy Crow

Illustration aus "The Suitcase", erschienen 2019 im Verlag Nosy Crow

Gibt es eine Illustration, auf die du besonders stolz bist?

Ich mag die Illustrationen meines ersten veröffentlichten Buchs "I'm Going To Eat This Ant" sehr, weil ich lange damit gerungen habe, einen Stil zu finden, der sich einerseits authentisch anfühlt und andererseits auch professionell rüberkommt. Fortschritte machte ich über Versuch und Irrtum, entwickelte mehrere Versionen des Buchs, bis ich schließlich zufrieden mit dem Ergebnis war. Mir gefällt auch die Wasser-Illustration in meinem Buch "The Suitcase". Sie ist einfach, aber dramatisch. Sie war schon recht früh fertig im Entstehungsprozess des Buchs, aber buchstäblich am Tag vor Ablauf der Abgabefrist entschied ich, dass ich das besser kann und ich fragte meine Verlegerin, ob ich Zeit bekäme für einen weiteren Versuch. Sie war einverstanden, und mit der neuen Version bin ich so gerade rechtzeitig fertig geworden.

Was macht deiner Meinung nach einen guten Illustrator aus?

Ich denke nicht, dass es notwendigerweise jemand ist, der traditionelle Techniken beherrscht. Ich denke, ein guter Illustrator kann Emotionen oder Atmosphäre vermitteln, unabhängig von Arbeitsmaterial oder Technik. Ich kann sehr gut realistisch zeichnen und ich denke oft, dass mir das manchmal im Weg steht, weil ich dazu neige, in einer Art zu illustrieren, die zu wortgetreu, zu realistisch ist. Ich muss mich oft zwingen, Perspektive und Logik und Wirklichkeit eines Objekts oder einer Figur zu ignorieren, es interessanter zu gestalten und weniger eine technische Herausforderung darin zu sehen.

Illustration aus "The Lonely Christmas Tree", erschienen 2019 im Bloomsbury Verlag

Illustration aus "The Lonely Christmas Tree", erschienen 2019 im Bloomsbury Verlag

Hast du manchmal auch einfach keine Lust zu zeichnen/zu malen? Musst du dich dann motivieren? Und wenn ja, wie machst du das? Gibt es so etwas wie eine Schreibblockade auch beim Illustrieren? Also so eine Kreativblockade?

Oh ja, eine Kreativblockade, die gibt es. Ich glaube, die Blockade gibt es in jedem Arbeitsbereich, egal ob kreativ oder nicht kreativ. Manchmal schafft man es einfach nicht. Und man muss versuchen, eine Willenskraft zu finden oder eine gefährlich näher kommende Deadline trägt zur Motivation bei — aber Spaß macht das dann nicht!