
Warum bist du Illustrator/in geworden?
Da ich es schon als Kind geliebt habe, meine Gedanken- und Phantasiewelt zu zeichnen. Und ich habe wohl nie damit aufgehört. In meinen Urlauben hatte ich stets ein kleines Skizzenbüchlein dabei und hab viel unterwegs gezeichnet. Besonders gerne habe ich andere Menschen portraitiert, die mir auf meinen Reisen begegnet sind.
Während meines Erasmus-Aufenthaltes in Porto (Portugal), als ich das Fach „Illustration“ belegt habe, ist diese Liebe dann wieder neu aufgeflammt. Eigentlich war ich zu dieser Zeit gerade im Endspurt meines Lehramt-Studiums für Kunstpädagogik. Auch wenn ich sehr gerne unterrichte, ist mir in dieser Zeit bewusst geworden, wie gerne ich selbst zeichne und meine Phantasie aufs Blatt bringe. Der Traum, eine Illustratorin zu werden, ist in dieser Zeit geboren.
Bestärkt hat mich in der Zeit in Portugal noch ein Treffen mit einer anderen österreichischen Illustratorin, die mir von einem Master für Bilderbuchillustration in Italien erzählt hat. Letzten Endes habe auch ich mich dafür entschieden und bin nach meinem Lehramt-Studium noch für ein Jahr nach Italien (Macerata) gegangen. Ich konnte mich in diesem Jahr künstlerisch völlig frei austoben, neue Techniken ausprobieren und meine „Skills“ verbessern. Das hat mich wohl ziemlich viel weiter gebracht. Und dann gab es ein paar glückliche Begegnungen mit ein paar tollen Lektor*innen, und dann kam eins nach dem anderen.

Illustration aus "Ein Stück Käse" (Judith Auer, Kunstanstifter 2020)
Wie sieht so ein Arbeitstag bei dir aus?
Da aktuell gerade ein Jahr Baby-Pause hinter mir liegt, lässt sich für mich im Moment schwer sagen, wie ein Arbeitstag mit Baby aussehen wird...
Aber bevor ich meine Flora bekommen habe, sah ein Arbeitstag in etwa so aus: Da ich das helle Tageslicht beim Arbeiten liebe und meine Konzentration tagsüber am besten funktioniert, bin ich oft gegen 8 Uhr aufgestanden, hab meinen warmen Frühstücksbrei verzehrt und mich angezogen, wie wenn ich „in eine klassische Arbeit“ außer Haus gehen würde. Ich habe mir eine Kanne Tee und ein paar Snacks vorbereitet und gegen 9 Uhr hab ich mich in mein Atelier gesetzt und zu Arbeiten begonnen. Mein Handy habe ich dabei auf lautlos gestellt.
Mein Atelier ist ein kleiner Raum in meinem Haus, in dem ich einen schönen Ausblick auf ziemlich hohe Berge habe. Dort habe ich dann etwa drei Stunden am Stück gearbeitet, mit kurzen kleinen Pausen dazwischen, bis ich dann zu Mittag wieder eine ein bis zwei stündige Pause eingelegt habe (diese war gefüllt mit einem warmen Mittagessen, mit einem kleinen Spaziergang und ab und zu auch einem kleinen Power-Nap). Danach ging mein Arbeitstag nochmal für etwa drei bis vier Stunden weiter. Irgendwann ist dann Feierabend, das hab ich jedes Mal so nach meinem Bauch heraus entschieden und versucht, es nicht vom „zeichnerischen Ergebnis“ eines Tages abhängig zu machen, sondern eher von meiner Energie her oder von der Zeit, die ich an einem Tag schon investiert habe..
Denn es gibt ja auch Tage, an denen man lange gesessen ist, aber trotzdem nicht ganz mit einem Ergebnis zufrieden ist. Feierabend zu machen, ist dann aber trotzdem wichtig..
Denn die Gefahr ist oft groß als selbstständig Tätige, dass man sich die Arbeit in die Freizeit holt. Ich habe da ziemlich streng auf eine Trennung von Freizeit und Arbeitszeit geachtet und auch versucht, an den Wochenenden nichts zu machen.
Tja und jetzt mit Baby starte ich erst allmählich wieder zurück ins Berufsleben und werde wohl erst mal halbtags wieder beginnen zu arbeiten. Doch seit ich mein Baby habe, bringe ich es auch in kurzer Zeit sehr viel weiter und nutze meine Zeit sehr produktiv. Das ist eine spannende Erfahrung.

Illustration aus "Der Spaziergang des Herrn Momo" (Luca Tortolini: Text, Judith Auer: Illustration, Kunstanstifter 2022)
Gibt es Illustrator*innen, die dich beeinflusst haben/beeinflussen?
Oh ja, da gibt es einige, wie beispielsweise Simone Rea, Joanna Concejo und Jesus Cisneros, die ich auch persönlich in Italien kennengelernt habe und die mich unterrichtet haben. Außerdem bin ich ein großer Fan von Beatrice Alemagna und Felicita Sala, von denen ich einige Bücher zu Hause habe... Aber die Liste ist lang...

Illustration aus "Ein Stück Käse" (Judith Auer, Kunstanstifter 2020)
Was inspiriert dich? Woher kommen die Ideen?
Einerseits lasse ich mich gerne durch längere Aufenthalte in der Natur inspirieren, wie bei einem Spaziergang z.B. durch einen Wald oder beim Sammeln von Naturmaterialien.
Andererseits inspirieren mich die Menschen, denen ich begegne, oder Reisen, auf denen ich neue Eindrücke sammle.

Illustration aus "Der Spaziergang des Herrn Momo" (Luca Tortolini: Text, Judith Auer: Illustration, Kunstanstifter 2022)
Hast du einen persönlichen Lieblingsillustrator, eine Lieblingsillustratorin?
Ja, Janosch gehört sicher zu einem meiner Lieblingsillustratoren und Wolf Erlbruch. Von beiden Künstlern habe ich als Kind schon gerne Bücher angesehen.

Illustration für Adventkalender Konditorei Braun, Hallein
Hörst du beim Illustrieren Musik oder Hörbücher oder soll es lieber still sein?
Es kommt auf die Technik und die Seite drauf an, an denen ich gerade arbeite. Ich hatte früher einmal Zeiten, in denen ich immer Hörbücher oder Musik gehört habe. Mittlerweile mag ich es eher still, da ich dadurch besser fokussiert bin. Nur wenn ich ein Buch mit Buntstiften umsetze und ganz große Flächen gleichmäßig auszeichnen muss, höre ich gerne entweder Hörbücher, Musik oder Podcasts (je nach Lust und Laune).
Hast du einen Lieblingsplatz zum Illustrieren?
Am liebsten zeichne im Sommer draußen im Garten.

Illustration für Adventskalender, Konditorei Braun, Hallein
Gibt es eine Wunschgeschichte, die du gerne mal illustrieren würdest?
Hm, da gibt es einiges, das mich reizen würde zu illustrieren. Aufs Erste fallen mir gleich „Der Zauberlehrling“ ein, „Krabat“, „Alice im Wunderland“, „Die unendliche Geschichte“ oder „Der Zauberer von Oz“.

Illustration aus "Der Spaziergang des Herrn Momo" (Luca Tortolini: Text, Judith Auer: Illustration, Kunstanstifter 2022)
Gibt es eine Illustration, auf die du besonders stolz bist?
Hm... Schwer zu sagen, man steckt irgendwie in jede Illustration sehr viel Herzblut hinein. Am besten gefallen mir bisher meine Illustrationen, die ich mit Buntstiften gezeichnet habe. So zum Beispiel einige Bilder aus meinem ersten Buch „Ein Stück Käse“, oder aus meinem aktuellsten Buch „Der Spaziergang des Herrn Momo“.
Außerdem habe ich zwei Illustrationen für eine österreichische Konditorei gemacht, die mir sehr am Herzen liegen, da sie die Stadt Hallein (meinen Geburtsort) sowie die Stadt Salzburg abbilden. Und diese Illustration mit diesem Phantasietier mag ich recht gern. Vielleicht verbinde ich mit ihr auch den Ort an dem sie entstanden ist (bei einer Summerschool in Sarmede – Italien). Auch die Technik die ich dort kennengelernt habe finde ich sehr spannend. Bisher habe ich nur noch kein gesamtes Buch damit umgesetzt..
Wenn du gerade nicht illustrierst, was tust du dann gerne?
Ich bin an und für sich ein totaler Bewegungsmensch und versuche in meiner Freizeit einen Ausgleich zu dem vielen Sitzen zu finden. Ich verbringe dann gerne Zeit in der Natur, im Sommer gehe ich gerne Wandern oder in einem See oder im Meer schwimmen, im Winter gehe ich gerne langlaufen oder Schlitten fahren, tanze gerne Lindy Hop und praktiziere Yoga. Vor kurzem habe ich sogar eine Yogalehrer*innenausbildung gemacht. Außerdem arbeite ich gerne in meinem Garten und baue dort Gemüse an, treffe gerne Freunde und selbstverständlich schäkere ich gerne mit meinem Baby und hänge mit ihr und meinem Freund ab.

Illustration "Phantasietier"
Was macht deiner Meinung nach eine gute Illustration aus?
Puh, das ist eine schwere Frage, denn ich denke, was mir gefällt, ist wohl sehr subjektiv von meinen Erfahrungen und meinem persönlichen Geschmack geprägt. Aber mich spricht eine gute Illustration wohl in gleicher Weise auf emotionaler Ebene wie auch in ihrer technischen Umsetzung an.
Die Figuren (falls welche darin vorkommen) wecken wohl irgendwelche Gefühle in mir und mein Interesse. Wenn ich diese Figuren betrachte, kommen Fragen in mir auf wie: „Was diese Figur wohl erlebt?“ oder „Wo sie nur lebt?“. Sie ziehen mich in ihren Bann und sind mir sympathisch. Die Umgebung der Figuren sowie die Farbgebung des Bildes sollten dann im besten Fall zu den Figuren passen und diese Gefühle verstärken.

Illustration aus "Ein Stück Käse" (Judith Auer, Kunstanstifter 2020)l
Hast du manchmal auch einfach keine Lust zu zeichnen/zu malen? Musst du dich dann motivieren? Und wenn ja, wie machst du das? Gibt es so etwas wie eine Schreibblockade auch bei Illustratoren?
Das gibt es bestimmt, aber das habe ich zum Glück nur ganz selten, und keine wirkliche Blockade in dem Sinn, sondern eher manchmal keine Lust aufs Zeichnen. Auch das habe ich nur selten, und es passiert am ehesten bei einem Endspurt von einem Buch.
Wenn ich schon sehr lange an einer gleichen Geschichte gesessen bin und dann irgendwann keine Lust mehr habe, das Buch noch zu Ende zu bringen. Kurz vor dem Schluss sozusagen, wenn ich die Technik und die Bilder fast schon nicht mehr sehen kann. Wenn der Rücken schön langsam zu schmerzen beginnt, aber der Abgabetermin kurz vor der Tür steht. Aber dann war bisher bei mir das Ende schon immer in Sicht. Ich habe mich dann an einen schönen Ort gesetzt zum Zeichnen, mir eben einen guten Tee und ein paar Snacks zubereitet und versucht, genügend Pausen einzulegen (oder doch mal ein spannendes Hörbuch nebenbei zu hören).
Und wenn es sich irgendwie ausgegangen ist, musste ich zur Not auch mal einen oder mehrere Tage Pause einlegen. Und spätestens nach einem abgeschlossenen Buch habe ich dann meistens eine kurze Pause eingelegt oder sogar einen kleinen Urlaub gemacht. Oder ich habe ein neues Buch mit einer anderen Technik begonnen, denn auch so ein Wechsel hält mich dann oft bei Laune.
Und seit ich an den Wochenenden versuche, nicht mehr zu arbeiten, habe ich so ein Gefühl noch seltener. Ich denke, auch vom Zeichnen braucht man einfach ab und zu eine kleine Pause.. Ich zumindest.