Die Festung in der Wüste

Written by Marcus Tullius Cicero

Ein See voll wunderbar weichen, süßen Wassers, ein paar weiß getünchte Häuser, gebaut aus Lehm, Ästen und geflochtenem Zweigwerk: Das ist die Oase Qarat Umm es-Sugheir. Sie liegt an der Karawanenstraße von Marsa Matruh an dem Meer, welches hier al-Bahr al-Rum genannt wird, zur großen Oase Siwa am Rande des riesigen Sandmeeres im Süden.

Zweihundert Meilen durch Sand und Einsamkeit – wenn nicht diese winzigen „Blauen Augen der Wüste“ wären, an denen die Menschen und Kamele, die Karawanen mit ihren oft unglaublich wertvollen Lasten ruhen könnten, mit lebensspendendem Wasser und einfacher Nahrung versorgt.

Und beschützt werden durch eine riesige Festung am Rand der Oase.

Vor vielen hundert Jahren zogen von hier Reiter aus, diesen sandigen Pfad zu bewachen und die Karawanen sicher zu geleiten. Bis eines Tages vor so vielen Jahren, dass selbst die ältesten Sagen nur eine vage Ahnung von dem geben, was damals geschah, alles endete.

Seit dieser längst vergangenen Zeit, versunken im Dunkel der Jahrhunderte, steht im großen, von hohen Mauern umgebenen Innenhof der Festung eine Erle. Ihre Rinde schimmert silbern, ihr mächtiger Stamm überragt selbst die höchsten Gebäude und die Krone ist so weit ausladend, dass kaum noch ein Strahl Licht bis auf den Grund des Hofes findet.

Und die Sage um diesen Baum, von Generation zu Generation weitergegeben und um manches Wunder ergänzt, hatte die Festung vor Plünderung und Zerstörung bewahrt.


Apaullo

Apaullo ging mit auf dem Rücken gefalteten Händen und sehr nachdenklichem Gesicht langsam über den Innenhof zu seinen alten Gemächern, in denen er vor so langer Zeit gelebt und geherrscht hat. Es war wirklich ein Wunder – all seine Möbel, seine Bücher, selbst das silberne Geschirr standen an ihren Plätzen, überzogen von einer dicken Schicht feinsten Sandes, dass manche Form nur noch zu erahnen war. Das Wunder der Wiedergeburt fand an einem frühen, hellen, frischen Morgen statt, noch entfernt von der Hitze des Tages. Ja – es konnte frisch werden in der Wüste, wenn die Nacht über dem Land liegt. Und diese Geburt wurde natürlich von Jungen und jungen Männern beobachtet, die jeden Morgen zeitig aufbrachen, um in den alten Mauern Vogeleier zu sammeln von all den Tausenden Vögeln, die jedes Jahr aus den kalten Schneelanden des Nordens kamen, um den Menschen eine willkommene Jagd und zusätzliche Nahrung zu gewähren.

Apaullo. Als die Kunde von der Wiedergeburt dieses Mannes das Dorf erreichte, versteckten sich die Menschen in ihren Häusern; denn es konnte und durfte nicht sein, dass sich Sagen und Märchen erfüllten, obwohl diese Menschen mit Wundern zu leben gelernt hatten.

Wie auch mit dieser geheimnisvollen Höhle, eine kleine Strecke des Weges von der Festung entfernt. Die Einheimischen mieden diese Höhle, seit immer wieder Menschen in ihr verschwanden. Nur die Fremden, welche in der Karawanserei von ihr erfuhren, versuchten noch ihre Geheimnisse zu ergründen. Kaum einer von ihnen erreichte wieder das Licht des Tages, und die Wenigen, die lebend daraus hervorkamen, hatten unendliche Angst und den reinen Wahnsinn in ihren Augen, dass bald selbst die fremden Reisenden die Höhle mieden.

Und dann geschah es am Abend dieses Tages, dass dieser wundersame Mann mit seiner eigenartigen, fremden Kleidung und seinen sechsfingrigen Händen an der Spitze einer Heerschar, die noch nie in dieser Gegend gesehen wurde, aus dieser Höhle hervor kam und zur Festung zog. Ihrer Kleidung und ihren Waffen nach zu urteilen mussten sie vor sehr langer Zeit gelebt haben. Sie führten Karren mit sich, die mit großen schweren Truhen beladen waren, welche mit starken Eisenbändern beschlagen und mit mächtigen Schlössern verschlossen waren.

Als diese Karawane durch das Dorf zur Festung zog, war kein Mensch auf den Wegen zu sehen; keiner wagte auch nur im geringsten durch Fenster oder Türen einen Blick auf diesen Zug zu werfen.

Und keiner dieser Menschen ahnte, wie sich das Leben im Dorf verändern würde. Denn der neue Herr der Festung sandte Kunde durch das Land bis zum Meer um Handwerker und Diener. Doch auch das Dorf hatte Anteil an diesem Wunder, wurde doch Nahrung gebraucht und Wohnung für diese Menschen, die da kamen. So wurden Häuser gebaut oder erweitert, und der Herr zahlte mit blankem Silber.

Und als eines Nachts ein Heerbann mit Fackeln durch das Dorf zog und in der geheimnisvollen Höhle verschwand, war allen Menschen klar, dass der neue Herr der Festung ein Zauberer war. Die Kunde von diesem Zauberer, seinem unermesslichen Reichtum und seinem Heer aus Geistern machte die Runde durch alle Lande nördlich und östlich des Sandmeeres.

Und kam als Kunde auch an den Hof des suleimanischen Herrschers und zu einem seiner besten Spione.

Soweit erst einmal. Jetzt muss Fuchs gesund werden; und das ist gar nicht so einfach bei den Wunden, durch dunklen Zauber geschlagen...

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