Das Labyrinth des Fauns

Das Labyrinth des Fauns

Auf Wunsch des Regisseurs und Schriftstellers Guillermo del Toro hat Cornelia dessen Film "Pans Labyrinth" in einen Roman verwandelt und öffnet mit zehn zusätzlichen Kurzgeschichten noch weitere Türen zu Ofelias und zu Moanas dunkler Welt.

Spanien, 1944: Ofelia zieht mit ihrer Mutter in die Berge, wo ihr neuer Stiefvater mit seiner Truppe stationiert ist. Der dichte Wald, der ihr neues Zuhause umgibt, wird für Ofelia zur Zufluchtsstätte vor ihrem unbarmherzigen Stiefvater: ein Königreich voller verzauberter Orte und magischer Wesen. Ein geheimnisvoller Faun stellt dem Mädchen drei Aufgaben. Besteht sie diese, ist sie die lang gesuchte Prinzessin des Reiches. Immer tiefer wird Ofelia in eine phantastische Welt hineingezogen, die wundervoll ist und grausam zugleich. Kann Unschuld über das Böse siegen?

 

Es lebte einmal, vor langer Zeit ein junger Bildhauer namens Cintolo. Er diente einem König in einem Reich, das so weit unter der Erdoberfläche lag, dass weder die Strahlen der Sonne noch das Licht des Mondes es je erreichten. Cintolo füllte die königlichen Gärten mit Blumen aus Rubinen und Springbrunnen aus Malachit. Er fertigte Büsten des Königs und der Königin an, die so lebendig aussahen, dass jeder meinte, er könne sie atmen hören.

Ihre einzige Tochter, Prinzessin Moanna, liebte es, dem Bildhauer bei der Arbeit zuzusehen, doch Cintolo gelang es nie, ihr Abbild in Stein oder Holz zu bannen. "So lange kann ich nicht still sitzen, Cintolo", sagte sie. "Es gibt zu viel zu tun und zu viel zu sehen."

Dann war Moanna eines Tages verschwunden.

Und Cintolo erinnerte sich daran, wie oft sie ihn nach der Sonne und dem Mond gefragt hatte und ob er wisse, wie die Bäume, deren Wurzeln die Decke ihres Schlafzimmers durchzogen, über der Erde aussahen.

Der König und die Königin waren so untröstlich, dass ihr Seufzen durch das Unterirdische Reich hallte und ihre Tränen die Blumen des Bildhauers wie Tau bedeckten.

Der Faun, der sie bei allem beriet, was die wilden Geschöpfe und heiligen Dinge betraf, die unter der Erde leben und atmen, sandte seine Boten aus — Fledermäuse und Feen, Kaninchen und Raben, um Moanna zurückzubringen, doch all diesen Augen gelang es nicht, sie zu finden.

Ich bin nie stolzer auf ein Buch gewesen. Ofelias Geschichte hat mich mit ihrem Bekenntnis zu Verantwortlichkeit, Mut und der Verpflichtung, sich dem Bösen entgegenzustellen, zutiefst berührt.

Diese Botschaft war nie wichtiger, und sie ist heute genau so aktuell wie in der Zeit, in der "Das Labyrinth des Fauns" spielt.