Anna Schmitt Funke Kunstkonservatorin und Übersetzerin
Hi, ich bin Anna und lebe zusammen mit meinem Mann, meiner Tochter, einem Hund und zwei Katzen in Berlin. Ich habe in der Vergangenheit als Kunstkonservatorin gearbeitet, aber dann hat mich meine Liebe zu Büchern und zum Verlagswesen wieder eingeholt. So übersetze ich seit 2022 die Bücher meiner Mutter ins Englische und lektoriere und bearbeite außerdem Manuskripte. Für Anfragen zu Übersetzungen deutscher literarischer Texte ins Englische, bin ich unter der Email Adresse anna.schmittfunke@gmail.com und über Instagram erreichbar.
InstagramDu bist Cornelias Tochter und übersetzt seit einer Weile nun auch ihre Bücher ins Englische. Erzählst du uns, wie es dazu kam?
Wir waren gerade aus den USA nach Europa gezogen und ich hatte noch nicht wieder begonnen, als Kunstrestauratorin zu arbeiten. Ich hatte aber auch schon das Gefühl, dass es Zeit war für einen Berufswechsel. Und ich wusste, dass Cornelias englischer Verleger nach jemandem suchte, der Die Farbe der Rache übersetzen sollte. Also entschied ich, eine Arbeitsprobe einzureichen.
Was sind für dich die größten Herausforderungen beim Übersetzen?
Den Ton der Autorin zu treffen ist immer eine Herausforderung, weil vieles zwischen den Zeilen steht. Besonders vom Deutschen ins Englische, finde ich, ist Humor zuweilen schwierig zu ´übersetzen´.
Was es andererseits besonders interessant macht. Im Deutschen allgemein und in Cornelias Geschichten besonders basiert der Humor, wie zum Beispiel Wortwitz, oft auf Sprachlichem. Das in einer anderen Sprache auszudrücken und rüberzubringen, gelingt manchmal gar nicht so leicht.
Was fällt dir leichter: Vom Deutschen ins Englische oder vom Englischen ins Deutsche zu übersetzen?
Gar keine Frage: vom Deutschen ins Englische.
Gibt es ein Buch von Cornelia von dem du denkst, dass es doch sehr schade wäre, wenn man es nicht auch irgendwann in englischer Sprache herausbringen würde?
Da fallen mir einige ein. Tatsächlich aber beschäftigen wir uns gerade mit einer Überarbeitung von Hinter verzauberten Fenstern. Das Buch ist in Deutschland sehr beliebt, im englischsprachigen Raum bisher aber nicht veröffentlicht worden.
Zum Thema "Sprache": Du bist in Deutschland aufgewachsen, bist aber später mit deiner Familie in die USA gezogen und hast auch lange in England gelebt und gearbeitet. Seit einer Weile wohnst du in Berlin. Träumst du in Englisch oder Deutsch? Und fühlt sich eine Sprache mehr nach "deiner" Sprache an?
Eigentlich ist Deutsch meine Muttersprache. Aber meine erste Sprache, sozusagen, ist das Englische, weil mich das durch meine Schulzeit, das Studium und im gesamten Arbeitsleben begleitet hat. So fällt es mir leichter, komplexe Zusammenhänge in Englisch auszudrücken. Außerdem spreche ich zu Hause Englisch mit meinem Mann. Dadurch bleibt die Sprache jeden Tag präsent, ich habe sie dauernd im Kopf, obwohl wir in Berlin leben. Wiewohl ich definitiv auch wieder besser deutsch spreche, seit wir hierher gezogen sind.
Meine Vorliebe fürs Englische hat wohl auch nicht mit bestimmten Eigenschaften der Sprache zu tun, grammatikalischen Besonderheiten oder so was. Sie kommt wohl eher aus meinen persönlichen Erfahrungen, die untrennbar mit dem Englischen verbunden sind, damit, dass ich die Sprache spreche und nur so etwa bestimmte Leute habe kennenlernen können.
Man kann Sprachen ja auch nie so recht von der Kultur und von Erlebnissen trennen. Eine Szene ist im Deutschen zum Beispiel lustig aufgrund der deutschen Kultur, aber im Englischen funktioniert das nicht. Was macht man da?
Manches lässt sich infolge kultureller Besonderheiten wirklich nicht eins zu eins übertragen. Nehmen wir Nikolaus. Das ist in Deutschland eine allzu bekannte Tradition, aber im englischen Sprachraum gibt es kein Pendant dazu. In solchen Fällen finde ich es am besten, eine kleine Erklärung einzuflechten, damit Leserinnen und Leser trotzdem verstehen, worum es geht und der Handlung folgen können. Es kann auch sein, dass sich, je nach Hintergrund, die Szene leicht verändern lässt. Aber das wäre dann Sache des Autors oder der Autorin, finde ich.
Ist dir das Deutsche durchs Übersetzen wieder näher gekommen/vertrauter geworden?
Ja, ohne Frage. Ich hatte über Jahre hinweg nicht wirklich deutsche Texte gelesen. Und so hat mir das Übersetzen schon sehr geholfen, damit wieder warm zu werden.
Gibt es Momente, in denen du unsicher bist, welches Wort oder welcher Ausdruck passen würde? Und was tust du dann?
Absolut, solche Momente gibt es. Und natürlich sind Online-Wörterbücher dann eine große Hilfe. Manchmal aber schreibe ich einfach mal den besten Begriff auf, der mir in den Sinn kommt, markiere die Stelle und mache mir später nochmal Gedanken darüber. In der Regel stolpere ich irgendwo über einen besseren Ausdruck oder es fällt mir im weiteren Verlauf der Übersetzung ein passenderes Wort ein, und dann ändere ich die Stelle.
Wie eng/intensiv ist der Austausch mit Cornelia während des Übersetzens? Und bist du auch in Kontakt mit den Verlagslektoren?
Es mag überraschend wirken, aber tatsächlich arbeiten wir gar nicht eng zusammen, während eine Übersetzung entsteht. Normalerweise übertrage ich das ganze Buch und lese dann mindestens noch einmal drüber, bevor Cornelia die Übersetzung bekommt. Ab und an kommt es vor, dass ich die ein oder andere kleine Frage habe, aber das ist wirklich selten. Wenn Cornelia dann durch den Text geht, macht sie ihre eigenen Anmerkungen oder Änderungen, aber in der Regel geht das dann nicht hin und her. Viel enger zusammen arbeite ich mit den Lektor*innen der Verlage. Da gibt es beim Redigieren für gewöhnlich mehrere Durchgänge, und im Falle einer Übersetzung liegt die Freigabe der Bearbeitungen dann nicht beim Autor oder der Autorin, sondern beim Übersetzer respektive der Übersetzerin. Das ist das Stadium, in dem ich für gewöhnlich auch am engsten mit Cornelia zusammenarbeite, damit klar ist, dass Vorschläge und Veränderungen, die da im Raum stehen, auch für sie okay sind.
Was bedeutet Übersetzen für dich? Was gehört alles dazu?
So wie ich das sehe, sollte sich eine gute Übersetzung so lesen, als wäre es gar keine, oder so, als klinge da nur eine Spur der anderen Sprache hindurch, wie ein Echo vielleicht. Ich finde, das führt zum besten Leseerlebnis. Wobei mir sehr bewusst ist, dass es da ganz verschiedene Ansichten gibt, und die alle haben ihre Berechtigung.
Wie gehst du vor? Hast du einen Königsweg?
Normalerweise übersetze ich Kapitel für Kapitel. Das heißt, ich lese das Kapitel, dann übersetze ich es. So stecke ich beim Lesen und beim Übersetzen tiefer in der Geschichte, als wenn ich das gesamte Buch schon gelesen hätte. Wobei ich doch die meisten Bücher, mit denen ich mich jetzt beschäftige, irgendwann früher schon mal ganz gelesen hatte.
Bei der ersten Fassung versuche ich, mich so nah wie möglich am Deutschen zu halten, versuche also, alle treffenden Ausdrücke zu finden und den originalen Sprachfluss beizubehalten. In der darauf folgenden Version konzentriere ich mich darauf, den englischen Klang und Rhythmus herauszuarbeiten, indem ich mich zum Beispiel an Grammatik und Strukturen zu schaffen mache und an allem, was seltsam klingen mag oder noch zu deutsch.
Beim Übersetzen hilft mir auch, übersetzte Passagen tatsächlich zu sprechen und das aufzunehmen. Ich finde, das macht es leichter mit dem richtigen Flow der Sprache.
Wie lang dauert es, eine Seite zu übersetzen?
Grob: eine viertel Stunde bis eine Stunde pro Seite für die erste Fassung. Bei den folgenden Versionen ist das etwas schwieriger zu fassen. Oft nutze ich, wie gesagt, das Diktieren beim Übersetzen, und das kann manchmal die Sache ein bisschen beschleunigen.
Magst du es, mit Sprache umzugehen?
Ich mag es, ja. Bei der Arbeit mit Sprache kannst du dich ganz auf deinen Verstand verlassen, ganz anders als etwa bei dem Beruf, den ich gelernt hatte, Restaurierung und Konservierung. Da kommt es auch auf handwerkliche Fähigkeiten an, auf Technik oder auch andere Leute.
Kannst du immer nachvollziehen, wie Cornelia erzählt, oder verdrehst du auch mal die Augen?
Sollte da jemals eine Stelle sein, bei der ich des Stils wegen die Augen verdrehen müsste, und ich sage: sollte, würde ich das beim Übersetzen nie anmerken oder die Stelle ändern. Denn Schreibstil ist eine ganz und gar persönliche Präferenz, und Cornelias persönlicher Schreibstil ist zudem sehr beliebt.
Nur weil ich selbst eine Ausdrucksweise nicht nutzen würde, heißt das nicht, dass sie nicht genutzt werden sollte. Ich versuche, meine Rückmeldung auf das allgemeine Leseerlebnis zu konzentrieren, nicht auf eigene Vorlieben. Das heißt aber nicht, dass das immer so leicht voneinander zu trennen ist.
Wie sehr bist du in den Übersetzungen sichtbar, und wie sehr musst du dich zurücknehmen?
Ich glaube nicht, dass mein Übersetzen Einfluss darauf hat, noch viel weniger, dass es Einfluss darauf haben sollte, wie Leser und Leserinnen eine Figur finden und empfinden. Es ist mir wichtig, eigene Gefühle und Empfindungen zu Charakteren und Handlungsabläufen möglichst raus zu halten aus der Übersetzung.
Die Stimme des Übersetzers mag allenfalls in Sprachfluss und Rhythmus durchscheinen. Ich zumindest neige im Vergleich zu Cornelia beim Schreiben dazu, eher kürzere Formulierungen aneinander zu hängen, mehr staccato als Cornelia. Und bestimmt spiegelt sich das manchmal auch in den Übersetzungen wider. Absicht ist das jedoch nicht.
Könntest du dir vorstellen, auch selbst Geschichten zu schreiben?
Wer weiß, eines Tages vielleicht :)