Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel
Wenn Weihnachtsmänner mitsamt ihren Engeln, Wichteln und Rentieren vom Himmel fallen, bedeutet das nichts Gutes. Aber was, wenn sie direkt vor deiner Haustür landen?
Gibt es überhaupt einen Weihnachtsmann? Kann man sich schönere Geschenke vorstellen als Computer oder ein meterhohes Puppenhaus? Seitdem Ben im vergangenen Jahr dem gemieteten Weihnachtsmann den Bart abgezogen hat, glaubt er an gar nichts mehr. Bis er eines Tages Niklas Julebukk trifft, der mit vielen kleinen Kobolden in einem Wohnwagen am Straßenrand haust und behauptet, er sei der letzte echte Weihnachtsmann. Doch der Weihnachtsfeind in Gestalt von Waldemar Wichteltod und seinen Nussknackern ist Niklas bereits auf der Spur …
- Erstmals erschienen 1994
- Lesealter Ab 8 Jahren
- Illustriert von Regina Kehn
- Verlag Dressler
- Erhältlich bei genialokal.de
- Auch erschienen als eBook · Hörbuch
Als Ben an Julebukks Tür klopfte, schlug ihm das Herz immer noch bis zum Hals vor Wut. „Was ist los mit dir?“, fragte Julebukk, als er ihn hereinließ. „Du bist ja ganz käsig um die Nase.“ „Nichts“, murmelte Ben. „Da, die Stiefel sind für dich.“ „O danke!“, sagte Julebukk und guckte auf seine ausgetretenen Stiefel. „Sehr nett von dir, aber die kann ich leider nicht gebrauchen. Weihnachtsmänner tragen ganz besondere Stiefel, von Kobolden gemacht. Jeder Weihnachtsmann trägt sein Paar sein ganzes Leben lang. Nur zum Schlafen zieht er es aus – und das sehr ungern.“„Aha, na dann ...“
Ben stopfte die Stiefel wieder in seine Tasche. „Setz dich doch!“, sagte Julebukk und ging zurück zu seinem Stuhl. Er war gerade dabei, Glöckchen an Sternschnuppes Zügel zu nähen. Ben setzte sich zu ihm an den Tisch und nahm sich einen Keks. „Kein Wunder, dass der Junge dir neue Stiefel mitbringt“, rief Mathilda vom Schrank herunter. Die Engel waren dabei, Schleifen zu nähen. Bis zum Bauch saßen sie in bunten Bändern. „Du pflegst deine Stiefel nicht, Julebukk. Sieh sie dir nur an!“ Verlegen wischte Julebukk mit dem Ärmel über das schmutzige Leder. „Ja, ja, ich weiß“, brummte er.
„Es ist gefährlich, wenn ein Weihnachtsmann seine Stiefel auszieht“, sagte Emmanuel und schlang eine kleine Perlenschnur um eine rote Schleife. „Wusstest du das, Ben?“ „Ach, erzählt dem Jungen doch nicht wieder diese Gruselgeschichten“, sagte Julebukk. “Wieso Gruselgeschichten?“, fragte Mathilda schnippisch. „Es stimmt doch.“ Vertraulich lehnte sie sich vor. „Verliert ein Weihnachtsmann seine Stiefel“, raunte sie Ben zu, „dann wird er nach genau 24 Sekunden zu Schokolade. „So hat Wichteltod es mit den anderen sechs Weihnachtsmännern gemacht“, sagte Emmanuel traurig. „Seine Nussknacker haben ihnen die Stiefel abgenommen und Waldemar benutzt sie als Kerzenständer.“ Ben schauderte. Er guckte auf Julebukks Stiefel. „Du siehst, ich habe meine noch“, sagte Julebukk. „Also, was soll das Gerede? Erzähl uns lieber, was du heute so alles getrieben hast.“ „Och, nichts Besonderes.“ Ben sah aus dem Fenster, hinauf zum bleigrauen Himmel. „Das mit dem Schnee ...“ Julebukk legte seine Nadel zur Seite und hob den Kopf. „Du hättest zu gern Schnee, was?“ Ben nickte. „Tja, weißt du, es gäbe da schon einen Weg, aber der ...“
Julebukk wiegte den Kopf. „Nein!“, rief Mathilda. „Nein, Julebukk, nein!“ „Wir müssten die weiße Tür öffnen“, sagte Julebukk zu Ben. „Im Weihnachtsland gibt es genug Schnee. Wir müssten einen Schlauch an die Schneemaschine anschließen, die dann mit dem Schornstein verbinden und den Schlauch durch die weiße Tür hinaus in den Schnee des Weihnachtslandes legen. Ganz einfach. So haben wir es früher immer gemacht. Bevor Wichteltods Nussknacker das Weihnachtsland unsicher machten.“
Vor etlichen Jahren stand in der Straße in Hamburg, in der ich damals wohnte, eine zeitlang ein Bauwagen, und eines Abends brannte Licht hinter dem Fenster. "Seltsam", dachte ich, "wer sitzt abends spät noch in einem Bauwagen?" Und so kam mir die Idee, dass vielleicht der Weihnachtsmann vom Himmel fallen könnte, mitsamt einem solchen Bauwagen und seinem unsichtbaren Rentier.
Ich gebe zu, die Geschichte von Niklas Julebukk, seinen Engeln und fluchenden Heinzelmännern ist bis heute von den Geschichten, die ich selbst geschrieben habe, eine meiner liebsten. Ihr könnt darin erfahren, warum das Weihnachtsland von riesigen Nussknackern bewacht wird, warum es vielleicht nicht gut ist, einem Schokoladenweihnachtsmann den Kopf abzubeißen — und wie die wirklichen Weihnachtsmänner die Wünsche der Kinder erfahren. Außerdem wird erklärt, wie all die Geschenke in einen einzigen Sack passen, was Weihnachtsrentiere am liebsten fressen — und warum Niklas Julebukk niemals seine Stiefel auszieht.
Natürlich liest sich diese Geschichte am besten, wenn es draußen schneit, aber sollte es wieder einmal nur regnen, dann erzählt sie euch auch, was Julebukk in solchen Fällen unternimmt — und dass es manchmal sehr gefährlich sein kann, sich Schnee zu wünschen!